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1950er-Jahre

Groß sind die Hoffnungen nicht, die auf der zweiten deutschen Demokratie ruhen, das Land ist zerstört und fast jeder sechste Deutsche ist im Krieg umgekommen. Umso bemerkenswerter ist der rasante Wandel, der schon bald einsetzt, später spricht man von einem Wunder, anders können sich viele diesen Umschwung von einer verwüsteten Nation zu einem der angesehensten Länder weltweit nicht erklären.[1]

Auch die Politik birgt einige Wunder in sich, trotz ca. 8,5 Millionen ehemaliger Mitglieder der NSDAP (von Mitläufern ohne Parteibuch ganz zu schweigen) entwickelt sich in wenigen Jahren eine der stabilsten Demokratien der Welt, die Adenauer inzwischen fest in den Westen integriert hat.

1945 lag auch Augsburg in Trümmern. Etwa 1500 Augsburger waren ums Leben gekommen, 85.000 wurden obdachlos. Für die Hettenbacher Kinder stellte der Schulweg jedoch eher eine sportliche Herausforderung dar. Wollte man als Schüler von der Schißlerstraße zur Pestalozzi-Schule gelangen »ohne eine Straße zu benutzen, d.h. dafür aber Dächer, Zäune, kleinere Höfe, so war es 1956 noch kein Problem, den kürzesten Weg zu wählen.«[2] Baulücken gab es in Hülle und Fülle.

In den 1950er Jahren bescherte die westdeutsche Nachkriegswirtschaft auch Augsburg ein schnelles Wirtschaftswachstum, was vor allem für die Augsburger Textilindustrie von Bedeutung war. Der Stadtteil Oberhausen kann von diesem Aufschwung leider nicht profitieren, die in Oberhausen angesiedelte jüdische Weberei M. S. Landauer, die 1933 noch 946 Webstühle zählte, wurde im Zweiten Weltkrieg – gezwungenermaßen – an die Firma C. F. Ploucquet übergeben und von da an als Filialbetrieb genutzt. Als das Gebäude schließlich englischen Bombenangriffen zum Opfer fällt, ist das Ende des Betriebes besiegelt und das Wiedergutmachungsgesetz bringt nach 1945 nur eine kleine Entschädigung.[3] Dennoch kann man sagen, dass die Augsburger Textilindustrie als solche von den günstigen Arbeitskräften und dem extrem hohen Bedarf an Kleidung – der sich in den Jahren der Entbehrung angestaut hat – profitiert.

In den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg kam mit der Stationierung vieler US-amerikanischer Soldaten in der ­Reese‑Kaserne eine »Jazz-Welle« nach Augsburg-Oberhausen. Einige Bars, wie zum Beispiel die Costa-Bar, in der amerikanische GI-Musiker und Augsburger Jazz-Musiker auftraten, oder auch die Gaststätte Siegeshalle, die 1956 gegründet wurde und auch ein Treffpunkt für Jazz-Musiker war, prägten das Oberhausen-Bild der 1950er Jahre entscheidend.[4]

Text: TOBIAS RAUNER